Realistic Job Preview
Eine Win-Win-Situation für Bewerber und Unternehmen
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Diese Einstellung spiegelt sich bei aiuva in der Ausrichtung und Verzahnung beruflicher Perspektiven wider, die Hand in Hand für optimale Lösungen arbeiten. Heute möchten wir Ihnen einen kurzen Blick aus der psychologischen Sicht auf die Problematik hoher Mitarbeiterfluktuation bieten. Aus dieser komplexen Fragestellung möchten wir Ihnen einen zentralen Begriff nahebringen, der zwar mit wenig Aufwand viel bewirken kann, aber dennoch viel zu häufig noch vernachlässigt wird: Die sogenannte Realistische Tätigkeitsvorschau – oder auch „Realistic Job Preview“, da solche Begrifflichkeiten im Englischen schließlich deutlich moderner und beeindruckender klingen. Richtig eingesetzt profitieren sowohl Unternehmen als auch Bewerber enorm. Außerdem zeigt sich an diesem Beispiel sehr eindeutig, warum es sich für Unternehmen lohnen kann, Dinge aus der Perspektive ihrer Bewerber zu betrachten.
Zur Ausgangssituation (vielleicht haben Sie selbst schon ähnliche Erfahrungen gemacht – egal auf welcher Seite): Nach einem ausführlichen Einstellungsinterview scheinen beide Seiten sehr zufrieden mit der Aussicht auf eine beidseitige Zusammenarbeit. Persönlichkeit, Fähigkeiten und Stellenanforderungen scheinen ideal zu passen. Für den Bewerber klingt die Beschreibung der Arbeit im Unternehmen nach einem absoluten Traumjob. Beinah euphorisch wird ein Vertrag aufgesetzt, unterschrieben und diese Stimmung überträgt sich auf den Start in die Tätigkeit. Doch bereits nach kurzer Zeit bröckelt die Fassade und die anfängliche Begeisterung und Motivation weichen dem Schock der harten Realität. Insbesondere für den neuen Mitarbeiter ist irgendwie doch alles ganz anders als erwartet und letztlich folgt die Entscheidung, den Job zu wechseln. Beide Seiten stehen plötzlich wieder ganz am Anfang des Suchprozesses, nur haben Sie bis dahin bereits wertvolle Ressourcen verschwendet. Doch was ist hier eigentlich passiert? Wie konnte sich die Stimmung so schnell ins Gegenteil verkehren? Und viel wichtiger: Wie hätte man es vermeiden können?!
Die beschriebene Situation klingt drastisch, kommt aber so oder in leicht abgeschwächter Form (Unzufriedenheit ohne Fluktuation) weit häufiger vor, als man vermuten würde. Das zentrale Problem besteht darin, dass im Setting der Personalsuche Unternehmen meist eine besonders vorteilhafte und häufig überhöhte Selbstdarstellung anstreben – in dem Glauben, so mehr Bewerber auf sich aufmerksam machen und letztlich von sich überzeugen zu können. Während diese Denkweise durchaus richtig sein mag, vernachlässigt sie doch eine wesentliche Problematik: Wenn die Bewerber erst einmal eingestellt sind, machen sie schnell eigene Erfahrungen mit der unternehmerischen Realität im Unternehmen. Je stärker ein Unternehmen vorab durch zu einseitig positive Darstellung überzogene Erwartungen erzeugt haben, desto heftiger fällt der wahrgenommene Kontrast aus. Es kommt zu einem sogenannten „Realitätsschock“, der Unzufriedenheit erzeugt und im schlimmsten Fall dazu führt, dass der Mitarbeiter das Unternehmen bereits nach wenigen Monaten wieder verlässt. Der entstehende Schaden sollte dabei nicht unterschätzt werden. Gerade wenn ein Unternehmen diese Erfahrung nicht nur einmal macht, können sich die Kosten der Auswahlverfahren und die investierte Zeit inklusive Einarbeitung aufsummieren. Auch aus Bewerbersicht muss man nach der Kündigung erst einmal eine neue Stelle finden oder bleibt ohne Alternative zunächst unzufrieden im Unternehmen gefangen.
Um dieser für beide Seiten unangenehmen Situation vorzubeugen kann die „Realistische Tätigkeitsvorschau“ eingesetzt werden. Zwar sollte bereits in der Stellenanzeige auf unrealistische Selbstdarstellung verzichtet werden, der Begriff bezieht sich aber auf einen spezifischen Abschnitt des Einstellungsinterviews. Obwohl dieser Teil für die Bewertung des Bewerbers keine Rolle spielt und der Nutzen daher häufig verkannt wird, ist die feste Implementierung nur zu empfehlen. Das einstellende Unternehmen kann hier die Möglichkeit nutzen, dem Bewerber wichtige und vor allem ausgewogene Informationen über die Tätigkeit, den Arbeitsplatz seinen zukünftigen Arbeitgeber zu geben. Das Wort „ausgewogen“ ist dabei von zentraler Bedeutung: Natürlich geht es nicht darum, ausschließlich auf eigene Schwächen oder Schwierigkeiten der Tätigkeit hinzuweisen wird oder diese vorsichtshalber zu dramatisieren. So würde man einen potenziellen Bewerber wohl tatsächlich eher abschrecken. Stattdessen sollen einerseits durchaus eigene Vorzüge dargestellt und betont werden, andererseits sollten aber auch mögliche Herausforderungen offen und transparent kommuniziert werden. Dies kann insbesondere helfen, wenn ein Unternehmen schon Erfahrungen damit gesammelt hat, welche Aspekte häufig zu Unzufriedenheit und ggf. Fluktuation bedingen. Beispielsweise könnten Faktoren wie starker Zeitdruck, Phasen höherer Belastung aufgrund von Fristen oder der Kontakt mit schwierigen Kunden genannt werden. Insgesamt sollte sich jedes Unternehmen vorab explizit damit auseinandersetzen, welche Stärken aber auch Schwierigkeiten es ausmachen und einem Bewerber kommuniziert werden sollten!
Richtig eingesetzt konnte die Wirksamkeit der „Realistischen Tätigkeitsvorschau“ in Bezug auf geringere Erwartungsenttäuschungen, mehr Arbeitszufriedenheit und geringere Fluktuation bereits nachgewiesen werden.
Umgekehrt konnte außerdem die häufig geäußerte Befürchtung widerlegt werden, dass Selbstselektionseffekte verstärkt werden – der Bewerber also durch die negativen Seiten der Tätigkeit abgeschreckt wird (Philipps, 1998). Einerseits scheint sich die Wahrnehmung als besondere Herausforderung positiv auf Zufriedenheit auszuwirken (Thorsteinsson, Palmer, Wulf & Anderson, 2004). Anderseits wird wohl insbesondere die signalisierte Ehrlichkeit und Transparenz wertgeschätzt, die sich in der „Realistischen Tätigkeitsvorschau“ ausdrückt (Earnest, Allen & Landis, 2011). Sie erklärt den Ausgleich der vermeintlich geringeren „Attraktivität“ der dargestellten Tätigkeit sowie die geringere Fluktuation. Insgesamt zeigt dies noch einmal deutlich die Bedeutung der „Realistischen Tätigkeitsvorschau“ für den Prozess einer effizienten und nachhaltigen Personalauswahl – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Aufwand sich im Vergleich zum Ertrag in Grenzen hält. Im Idealfall sollte sie als Element eines komplexeren, sogenannten Multimodalen Einstellungsinterviews zum Einsatz kommen, welches noch eine Reihe weitere Vorteile gegenüber klassischen Einstellungsinterviews mit sich bringt.
Uns bei aiuva liegt es daher sehr am Herzen, diese Komponenten fest in Ihren Personalauswahlprozess zu integrieren, damit Sie optimal für die Zukunft aufgestellt sind. Auf Wunsch beraten wir Sie gerne bei der Umsetzung, insbesondere in Bezug auf die Entwicklung und den Einsatz des auf Ihre spezifischen Anforderungen angepassten Multimodalen Einstellungsinterviews!