Mal theoretisch betrachtet: Das Transaktionale Stressmodell als (Wissens-)Basis für eine erfolgreiche Stressbewältigung.
“Stress hat man nicht, man macht ihn sich.”
– Aba Assa, Essayistin
Da uns Stress in unserem Alltag regelmäßig und in vielfältigen Formen begegnet, ist dessen effektive Bewältigung eine zentrale Voraussetzung für langfristige mentale und körperliche Gesundheit. Zwar finden manche Menschen möglicherweise intuitiv Wege, mit den Belastungen mehr oder weniger gut umzugehen. Aber im Großen und Ganzen beschäftigen sich doch die wenigsten detailliert mit dem Phänomen, seinen Hintergründen und Entstehungsprozessen. Dabei wäre gerade dieses Wissen und Verständnis wichtig, um gezielt und wirksam Stress oder bereits Belastungsrisiken (sog. „Stressoren“) abzubauen oder komplett zu vermeiden.
Die Psychologie des Stress-Prozesses
Die moderne Psychologie liefert einige interessante Ansätze und Theorien, die sich mit der Entstehung, Aufrechterhaltung und Bewältigung von Stress beschäftigen und dabei teilweise sogar Unterscheidungen von menschlichen Stresstypen vornehmen. Ein Großteil dieser Konzeptionen legt allerdings den Fokus auf sehr spezifische, teils sehr unterschiedliche Aspekte und Kontexte. Eines der bedeutsamsten Modelle, das stattdessen den gesamten Prozess berücksichtigt und erklärt, ist das sog. „Transaktionale Stressmodell“ nach Lazarus und Folkman (1984). Es unterscheidet vier zentrale Elemente bzw. Phasen, die unser individuelles Stresserleben steuern.
Zentrale Aussage des Modells ist, dass Stress im Kopf entsteht. So kann ein und dieselbe potenziell stressauslösende Situation von verschiedenen Personen völlig unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden. Diese höchst subjektive Einschätzung steuert dann die Intensität des Stresserlebens. Unsere mentalen Bewertungen beeinflussen außerdem die Wahl der Bewältigungsstrategie und über die ebenfalls subjektive Wahrnehmung von deren Erfolg letztlich unsere Anfälligkeit bzw. Resilienz in zukünftigen Stress-Situationen.
Die einzelnen Schritte lassen sich gut am Beispiel einer konkreten Stresssituation wie der Übernahme einer neuen, schwierigen Aufgabe bei der Arbeit veranschaulichen:
Den ersten Schritt in der Entstehung von Stress stellt die subjektive mentale Bewertungeines potenziellen Stressors im Hinblick auf das eigene Wohlbefinden dar. Die neue zu übernehmende Aufgabe ist dabei nicht per se stressauslösend. Stattdessen kann sie von unterschiedlichen Personen völlig verschieden wahrgenommen werden!
Abhängig davon, in welche der 3 Kategorien diese Einordnung bzw. Bewertung fällt, ergibt sich ein höheres oder niedrigeres Stressrisiko:
Eine Einschätzung als für die eigene Person irrelevant (z.B. „Kein Problem, das bin ich schon gewöhnt“ oder „So etwas ähnliches habe ich schon ein paar Mal gemacht – Alles Routine“) lässt den Stressor in der Wahrnehmung schnell wieder untergehen. Sie bindet daher keine unnötige Energie und birgt ein geringes Stressrisiko.
Die Bewertung als günstig (z.B. „Was für eine interessante Aufgabe, endlich mal was Neues“ oder „An dieser Herausforderung kann ich wachsen“) lenkt den Fokus auf positive Emotionen wie Freude, Optimismus und eigene Stärken. Diese Bewertung führt i.d.R. zu sog. „Eustress“ als kurzfristiger Anspannung, die besondere Leistungsfähigkeit aktiviert. Dies ermöglicht eine schnelle und erfolgreiche Bewältigung der Stresssituation. Langfristig kann sich dies wiederum sogar positiv auf die selbst eingeschätzten Fähigkeiten (s. Sekundäre Bewertung) auswirken.
Gefährlich ist v.a. die Wahrnehmung eines Stressors als Gefahr oder Bedrohung (z.B. „Das ist mir gerade alles zu viel“ oder „Ich darf jetzt bloß keinen Fehler machen“). Diese stressbezogene Bewertung lenkt den Fokus sehr stark auf negative Emotionen und lässt den Stressor größer wirken. Sie bindet bereits unnötig Energiereserven und kann im schlimmsten Fall regelrecht lähmend wirken.
Der zweite zentrale Schritt im individuellen Stresserleben ist die Einschätzung des eigenen Bewältigungspotenzials im Hinblick auf den Stressor bzw. die Belastungssituation. Diese Bewertung hängt vom Ausmaß der subjektiv wahrgenommenenzur Verfügung stehenden Ressourcen in 2 Kategorien dar:
Individuelle Ressourcen können z.B. bisherige Erfolgserlebnisse, Fähigkeiten, Wissen sowie das aktuelle Energieniveau sein.
Soziale Ressourcen beziehen sich auf das Ausmaß an Sozialkontakten im Freundes- und Familienkreis oder auch im Arbeitsumfeld, die einem bei Problemen mit Rat und Tat zur Seite stehen können.
Entscheidend für die Entstehung und den Umgang mit Stress ist allerdings nicht deren tatsächliche Existenz. Stattdessen geht es nur darum, ob und in welchem Maß man selbst diese Ressourcen auch wahrnimmt.
Im Hinblick auf die Herausforderung durch die Übernahme einer neuen Aufgabe wären förderliche Bewertungen z.B., dass man bisher gut mit neuen Aufgaben zurechtgekommen ist, über ein starkes soziales Netzwerk verfügt und sich auf Kollegen verlassen kann. Ein wahrgenommener Mangel an Ressourcen zur Bewältigung (z.B. „Wie soll ich das bloß schaffen“ oder „Ich bin dem Druck einfach nicht gewachsen“) intensiviert das Stresserleben und führt häufig zu ineffektiven Bewältigungsversuchen oder gar Resignation.
Diese beiden mentalen Bewertungen folgen nicht strikt zeitlich aufeinander, sondern können sich überlappen und auch gegenseitig beeinflussen. Die Summe der primären und sekundären Bewertungen hat entscheidenden Einfluss auf die individuelle Stressreaktion, also die Art und Intensität von Stress den man letztendlich empfindet: Eine Wahrnehmung einer Situation als irrelevant oder günstig verbunden mit dem Vertrauen in die eigene Bewältigungsfähigkeit führt i.d.R. – wenn überhaupt – zu positivem „Eustress“. Dieser ist meist mit kurzfristigem Energieeinsatz problemlos zu bewältigen. Gefährlich ist dagegen die Kombination aus der Wahrnehmung einer Situation als Bedrohung in Verbindung mit einem wahrgenommenen Ressourcenmangel. Diese empfundene Überforderung, Hilflosigkeit und Überlastung führt schnell zu gesundheitsschädlichem und langanhaltendem „Distress“!
Abhängig von den vorausgegangenen Bewertungen entscheidet man sich im dritten Schritt für eine mehr oder weniger erfolgversprechende Strategie zur Stressbewältigung („Coping“). Diese kann entweder problem- oder emotionsorientiert sein:
Problemorientierung bezieht sich auf eine aktive Veränderung der Stress-Situation anhand verschiedenster Stellschrauben. Im Blick auf unser Beispiel könnte dies z.B. die Delegation von Teilaufgaben an Kollegen, das Einholen von Unterstützung oder intensive Recherchen zum Thema (Informationssuche) bedeuten. So lässt sich Sicherheit gewinnen und die Arbeitslast reduzieren.
Emotionsorientierung bezieht sich auf intrapsychisches Coping, das den eigenen Bezug zur Situation verändert. In der Beispielsituation könnte dies z.B. durch die bewusste Akzeptanz der neuen Herausforderung oder die Relativierung der Schwierigkeit geschehen. Eine hilfreiche Überlegung wäre in diesem Zusammenhang, dass andere Menschen auch oft vergleichbare Situationen meistern müssen. In der Realität sind auch Ablenkung oder gar Verleugnung von Problemen häufig gewählte Strategien, die allerdings – wenn überhaupt – nur kurzfristige Entlastung liefern. Langfristig tragen sie allerdings nicht zur Bewältigung bei, sondern können die Stressbelastung sogar verschlimmern!
Der Erfolg oder Misserfolg unserer gewählten Bewältigungsstrategie im Umgang mit der aktuellen Stresssituation wirkt sich abschließend im Sinne eines Rückkopplungs-Prozesses auf zukünftige Bewertungen von neuen Situationen aus.
Eine erfolgreiche Bewältigung führt z.B. eher dazu, dass wir Stressoren (insbesondere vergleichbare) als günstiger und unsere eigenen Fähigkeiten als ausreichend wahrnehmen. Umgekehrt kann im schlimmsten Fall ein Misserfolg aber auch dazu führen, dass neue Situationen zukünftig als Bedrohung wahrgenommen werden. So schwindet häufig auch das Vertrauen in eigene Ressourcen. Wenn man nicht z.B. im Rahmen von Stressbewältigungstrainings aktiv dagegen steuert, kann daraus kann eine gefährliche Negativ-Spirale entstehen!
Fazit:
Die Erkenntnis, dass nicht allein die Eigenschaften einer Situation per se stressauslösend sind, sondern die eigene kognitiv-emotionale Bewertung entscheidend dazu beiträgt, welche Auswirkungen wir am Ende zu spüren bekommen, kann regelrecht befreiend sein: Denn Sie gibt uns etwas Handlungsmacht und Selbstwirksamkeit zurück! Während wir situative Faktoren oft – wenn überhaupt – nur bedingt kontrollieren können, sind wir doch immerhin Herr unserer Gedanken. Wenn wir schädliche Bewertungen und Denkmuster identifizieren, durchbrechen und Sie durch förderliche ersetzen, können wir unser Stresserleben entscheidend verringern und gesundheitliche Schäden abmildern oder ganz vermeiden. Damit liefert das Modell einen entscheidenden Ansatzpunkt für individuell langfristig effektive Stressbewältigung.
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